Erfolg vor Gericht: AfD-Professor scheitert mit Klage gegen ehemalige Studentin

von KM8  - 5. Juni 2025

Presiträgerin Bjeen Alhassan und Staatsministerin Annette Widmann-Mauz. Quelle: Bundesregierung

Das Hanseatische Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 21. Mai 2025 die Berufung des AfD-Politikers und Hochschulprofessors Reiner Osbild gegen seine ehemalige Studentin Bjeen Alhassan zurückgewiesen (Az. 7 U 31/22). Damit bleibt ein vorheriges Urteil des Landgerichts Hamburg in Kraft, das Osbilds Klage auf Unterlassung, Geldentschädigung und Anwaltskosten vollständig abgewiesen hatte.

Die Klage richtete sich gegen zwei öffentliche Äußerungen Alhassans: Zum einen, sie habe an der Hochschule Emden-Leer mit ihrem ehemaligen Professor, dem AfD-Politiker Reiner Osbild, Diskriminierungserfahrungen gemacht; zum anderen, dass ihr Erstprüfer bei der Masterarbeit AfD-Vorsitzender gewesen sei, was sich negativ auf ihre Note ausgewirkt habe. Durch diese Aussagen, so Osbild, sei der Eindruck erweckt worden, er habe die Masterarbeit oder das Master-Kolloquium nicht ordnungsgemäß bewertet.

Das Oberlandesgericht urteilte, dass selbst wenn dieser Eindruck entstanden sei, es sich um eine Meinung handele. Diese könne angesichts des hohen Werts der Meinungsfreiheit nicht untersagt werden. Auch die Klage auf Geldentschädigung blieb ohne Erfolg. Osbild hatte 25.000 Euro von seiner ehemaligen Studentin verlangt.

„Ich bin erleichtert und froh über die Entscheidung“, sagt Bjeen Alhassan. „Es war ein langer und belastender Prozess, doch das Gericht hat klar gemacht, dass ich meine Erfahrungen öffentlich schildern darf. Dieses Urteil ist auch ein Signal an andere Betroffene von Diskriminierung: Eure Stimmen zählen.“

Auch ihr Anwalt David Werdermann von der Berliner Kanzlei KM8 Rechtsanwältinnen & Rechtsanwälte zeigt sich zufrieden: „Das Urteil ist ein wichtiger Beitrag zur Verteidigung der Meinungsfreiheit – insbesondere wenn es darum geht, strukturelle Diskriminierung sichtbar zu machen. Wer sich öffentlich gegen Rassismus ausspricht, darf nicht durch gerichtliche Verfahren eingeschüchtert werden.“

Lisa Iden, Vorstandsmitglied des freien zusammenschlusses von student*innenschaften (fzs), fügt an: „An Hochschulen herrscht Rassismus! Und es sind die Strukturen an Hochschulen, die hierfür den Nährboden bieten. Es ist ein Skandal, dass Studierende, die sich dagegen äußern, mit Klagen rechnen müssen. Wir freuen uns mit Bjeen Alhassen, dass sie sich erfolgreich zur Wehr setzen konnte, und sehen ein erstes ermunterndes Signal. Jedoch rutschen Hochschulen, sowie die Gesellschaft weiter nach rechts. Dadurch grassieren auch Rassismus und Diskriminierung. Wir müssen jetzt uns dagegen widersetzen!“

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Osbild kann Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.

Bjeen Alhassan kam 2014 aus Syrien nach Deutschland und begann 2016 an der Hochschule Leer/Emden ein Studium, das sie 2019 mit einem Master in Business Administration abschloss. Für ihre Arbeit für geflüchtete Frauen erhielt sie 2020 von Bundeskanzlerin Angela Merkel den Nationalen Integrationspreis. 2022 gründete sie die Nicht-Regierungs-Organisation Transfer of Knowledge.

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